Hier eine ganz einfache Atemübung, die wohl am wirkungsvollsten im Sitzen mit aufrechtem Rücken ist, die man aber auch bei achtsamem Gehen durchführen kann.
Im Prinzip kannst du die Essenz der Übung fast überall und jederzeit durchführen, wenn du etwas zur Ruhe oder runterkommen möchtest – an der Haltestelle, im Bus, beim Autofahren (bitte jedoch am Steuer nicht in meditative Trance gehen!), vor einem wichtigen Gespräch, nachdem du dich von irgendetwas genervt gefühlt hast, nach dem Joggen (oder anderem Sport, auch zur Unterstützung der Regeneration!) etc.
Vorbereitung:
- Nimm dir 5-10 Minuten Zeit.
- Setze dich aufrecht aber bequem hin – im Schneidersitz oder Lotussitz z.B. auf ein Meditationskissen, oder auch einfach auf einen Stuhl – oder an einen schönen Ort in der Natur! Wenn du auf einem Stuhl sitzt, sollten die Füße den Boden berühren (oder etwas darunter legen, damit du sie aufstellen kannst) und die Wirbelsäule aufrecht sein, in ihrer natürlichen Form – so dass der Atem frei fließen kann. Die Hände können im Schoß oder auf den Oberschenkeln liegen.
- Atme durch die Nase ein und auch wieder durch die Nase aus. Alternativ, wenn es für dich angenehmer ist und du viel loslassen willst, kannst du auch eine Zeitlang durch den Mund ausatmen.
- Wenn du möchtest, lege am Anfang eine Hand kurz auf den Bauch und spüre, wie der Bauch sich beim Einatmen weitet und beim Ausatmen senkt und der Bauchnabel sich Richtung Wirbelsäule bewegt (oder hilf kurz bewusst nach). Die Atmung durch die Nase führt in der Regel ganz natürlich zur yogischen „Bauch- oder Zwerchfellatmung“ und hat an sich schon eine beruhigende und entspannende Wirkung. Es hilft jedoch, sich dessen bewusst zu sein. Im verspannten oder angespannten Zustand tendieren wir zur Brustatmung und nutzen unsere Lunge nicht aus. (Kinder strecken lustigerweise beim bewussten Ausatmen manchmal den Bauch vor und ziehen ihn beim Einatmen ein – weil sie, wenn sie es steuern wollen, erstmal den Brustkorb füllen wollen. Dann hilft man mit dem Bild der „Ballonatmung“ – der Bauch wird beim Einatmen größer, wie ein Ballon, beim Ausatmen schrumpft er wieder. 🙂 )
- Lege dann die Hand wieder zurück in den Schoß oder auf den Oberschenkel und lasse dann ganz natürlich fließen, während du ihn beobachtest und dich auf das Ein- und Ausatmen konzentrierst.
- Lege Zeige- und Mittelfinger, oder auch die Handfläche, auf den Punkt in der Mitte der Brust, wo wir hindeuten, wenn wir „ICH“ sagen. Hier ist dein spirituelles Herz-Zentrum. Spüre diesen Ort und stell dir vor, dass dein Atem hier ein und austritt.
- Du kannst dich entweder am Anfang auf deine Nasenspitze konzentrieren, wo du den Atem ein- und austreten spürst, oder dir gleich vorstellen, dass der Atem über dein Herzzentrum in der Mitte des Brustkorbs ein- und ausströmt (Man sagt im Yoga, dass das „spirituelle Herz“ der einfachste Zugang zu unserem Innersten, zum Selbst, Atman oder der „Seele“ ist.)
- Falls du sehr unruhig oder verspannt bist, kannst du noch vor dieser Atemübung als als Vorbereitung versuchen, zuerste einmal deinen Körper zu spüren oder einen kleinen Body-Scan durchführen. Beim Body-Scan kannst du dir vorstellen, mit jedem Einatmen die Kraft des Friedens und neue heilsame Energie in den jeweiligen Bereich einzuatmen und alles andere (Anspannung etc.) loszulassen und auszuatmen. Damit kannst du durch den ganzen Körper wandern, beginnend bei den Füßen bis zum Scheitel – und dann auch wieder zum spirituellen Herzen zurückkehren.
Hauptteil Atmen über das Herz-Zentrum:
- Stelle dir jetzt vor, dass du mit jedem Einatmen (durch die Nase!) Frieden einatmest, und mit jedem Ausatmen alles Unfriedliche – Unruhe, Rastlosigkeit, auch Ängste, Angespanntheit, Ärger etc. – ausatmest und loslässt. Du kannst dir vorstellen, dass der Ausatem sich im kosmischen Ozean auflöst – und brauchst keine Angst zu haben, damit „die Umwelt zu verschmutzen“ 🙂
- Stell dir jetzt vor, dass der Atem (durch die Nase) durch dein Herzzentrum in dich einströmt und sich der Frieden, den du einatmest, von dort in dir ausbreitet – bis in jede Zelle und jeden Bereich deines Wesens hinein. Und darüber hinaus. Mit jedem Atemzug fühlst du, dass diese Kraft des Friedens in dir sich weiter ausbreitet und stärker wird. Alles andere lässt du los und atmest es aus.
- Vielleicht fühlst du zunehmend, dass du wie in einem Meer von Frieden schwimmst – oder stellst es dir vor als Visualisation.
- Als Konzentrationshilfe kannst du auch das Wort FRIEDEN oder PEACE oder SHANTI (Sanskrit) mental mit jedem Atemzug im Herzen wie ein Mantra wiederholen. Mit der Zeit wirst du vielleicht feststellen, dass das Wort verschwindet und du in die Erfahrung des Wortes eintrittst.
- Wenn du willst, kannst du einige Atemzüge lang ganz bewusst ein Lächeln im Herzen fühlen (auf den Buddha-Gesichtern sieht man oft ein sanftes Lächeln, das ganz natürlich zum Vorschein kommt, wenn man nach tiefer nach innen in Richtung Herz oder Seele taucht und die Erfahrung inneren Friedens und innerer Freude macht) und beim Ausatmen jetzt ganz bewusst Frieden und andere gute Kräfte in die Welt senden bzw. ausstrahlen lassen.
Die Übung beenden
- Falls du in der Weite warst, ziehe ich langsam wieder zusammen und kehre mit deiner Wahrnehmung in deinen Körper zurück. Spüre dich, spüre den Ein- und Aus-Atem über dein Herzzentrum. Atme zum Abschluss mehrfach ganz bewusst nochmal sehr tief ein und aus (evtl. durchaus hörbar!) über den Bauch, spüre deinen Körper wieder, sei wieder ganz da und öffne die Augen, falls du sie geschlossen oder halb geschlossen hattest. Nimm dir Zeit für die Assimilation der Übung, bevor du wieder in den Alltag zurückkehrst.
- Schenke dir ganz bewusst selbst ein Lächeln und wenn es sich gut anfühlt, bedanke dich bei dir oder einer höheren, weiteren WIrklichkeit für die schöne Übung.
- Namaste 🙂
Wenn du weniger Zeit hast:
- Wenn du diese Übung einmal kennengelernt und in Ruhe durchgeführt hast, kannst du dieses achtsame, bewusste „polare* Atmen“ über das Herz auch in sehr kurzer Form immer wieder einmal während des Tages durchführen, um loszulassen, runterzukommen und Kraft, Frieden oder Freude zu tanken oder sich einfach mehr in der eigenen Mitte zu verankern bzw. zu konzentrieren. Eine gute und regelmäßige Stille-Übung am Tag (ideal früh am Morgen) für 5-10 Minuten (mit der Zeit auch länger) ist jedoch in ihrer viel tiefergenden Wirkung i.d.R. nicht zu vergleichen mit kürzeren Übungen zwischendurch. Eine regelmäßige Übung am Tag, idealerweise schon am Morgen, ist die beste Grundlage, auf der man dann sehr gut aufbauen kann.
* Polares Atmen: Ruhe + Frieden ein – Unruhe, Rastlosigkeit, Unfrieden aus / Energie ein – Kraftlosigkeit, Schwäche, Müdigkeit aus / Freude ein – Traurigkeit, Sorgen, Kummer aus /Licht ein – Dunkelheit aus etc.
WEITERE ATEMÜBUNGEN UND HINTERGRUNDINFOS ZU ENTSPANNUNG UND ATEM:
https://www.meditation-erleben.org/breathing-exercises/